HEIMATFENSTER

Wenn man sich als Festival den Beinamen Provinziale gibt, hat man durchaus den Wunsch, Dinge beim Namen zu nennen und an der einen oder andern Stelle den Finger in die Wunde zu legen. Darum gehört es beinahe zu den Pflichtaufgaben, dass man sich auch den Filmen widmet, die die eigene Region in den Fokus rücken. Nicht selten entstehen aus ganz persönlichen Ambitionen heraus Filme, die, neben ihrem dokumentarischen Wert, auch sehr viel soziale Bindungskraft haben können. Zumindest dann, wenn sie sich mit Respekt und ehrlicher Aufmerksamkeit ihrem Thema und ihren Protagonisten zuwenden. Die Filmemacher sind manchmal zugezogen, manchmal alteingesessen oder aber auch nur auf einer Stippvisite. Allen gemein ist aber, dass sie dem Zuschauer mehr oder weniger Bekanntes aus einem neuen, vielleicht sogar unerwarteten Blickwinkel zeigen.

Dazu wird im Festivalzeitraum das „Heimatfenster“, ein eigens gestalteter Sichtplatz, eingerichtet, an dem die Filme rund um die Uhr zum Anschauen bereit stehen.

WAS IST IN EBERSWALDE LOS?

Reportage aus der Sendung – „Klartext“ des DDR-Fernsehens

Erstausstrahlung: 09. November 1989 (!)

In diesem für DDR-Verhältnisse schon fast investigativen Fernseh-Magazin wird der Frage auf den Grund gegangen, warum es im Eberswalder Wohnungsbauprogramm nicht so vorangeht, wie es die Planwirtschaft geplant hat. Dieses Video zeigt die desolate Eberswalder Altstadt 1989 und versucht auch Verantwortliche auszumachen. Dabei filmen die Regisseure auch auf einer Veranstaltung, auf der die lokalen Politgrößen sich dem Unmut der Bürger stellen, was den Film zu einem wichtigen Zeitdokument für die Stadt Eberswalde macht.

Grüne Wiese

GRÜNE WIESE

Ein Naturschutzgebiet bei Rheinsberg. Hier steht das erste Atomkraftwerk auf deutschem Boden. „Ein Meilenstein in der Geschichte unserer Energiewirtschaft.“ Was einst der ganze Stolz einer Region war, wird seit 1995 abgebaut. Von niemand anderem als den eigenen Leuten. Grüne Wiese zeigt diesen, für den Glauben einer Epoche symbolischen Ort in einem Zustand zwischen glorreicher Vergangenheit und undefinierbarer Zukunft.

Dokumentarfilm, Regie: Simon Ostermann, Deutschland, 2014, 15’, OT: deutsch, UT: Englisch

Oder Center Berlin

ODER CENTER BERLIN

In den Gebäuden einer stillgelegten Industrie befindet sich seit 1992 ein Markt. Der Ort der Handlung ist das Gelände der ehemaligen Papierfabrik in Osinów Dolny, an einem deutsch-polnischen Grenzübergang. Zwei Räume stehen in einem Dialog. In genau komponierten 16mm-Filmaufnahmen fragmentiert Oder Center Berlin und schichtet neu, was hier an Überlagerungen der Geschichte zusammentrifft.

Dokumentarfilm, Regie: Clara Bausch, Deutschland, 2015, 20’, OT: ohne Dialoge

Heimat Brandenburg

HEIMAT BRANDENBURG

Jeder fünfte Mensch mit einem Migrationshintergrund in Brandenburg ist älter als 55 Jahre. Sie sind Teil der Älteren in Brandenburg, der am stärksten wachsenden Einwohnergruppe. Wie erleben sie sich, ihre Lebenssituation, ihre Prägungen in der neuen Heimat Brandenburg? In diesem Film erzählen uns vier sehr unterschiedliche Menschen von sich und ihrem Leben mit fremden und neuen Wurzeln in Brandenburg. Er zeigt den Willen zum Ankommen, zum miteinander leben und zur eigenen Identität. Die Lebenserfahrung der Älteren kann vielen, ob mit oder ohne eigene Migrationserfahrung, helfen, das Leben selbst, Wanderung und Integration zu verstehen.

Dokumentarfilm, Regie: Stefan Escher, Sascha Leeske, Tim Altrichter, Deutschland, 2014, 24’, OT: deutsch

Was kann aus mir werden?

WAS KANN AUS MIR WERDEN?

Wie sehen Kinder und Jugendliche aus Joachimsthal und Umgebung ihre Zukunft? Wollen sie auf dem Land leben oder in die Stadt ziehen? Die Teilnehmer des Projektes haben sich zunächst daran gemacht, Fragen zu formulieren und zu prüfen. Dann gingen sie daran, sich gegenseitig zu interviewen. Dabei konnten sie ihre Meinung in einem vertrauten Rahmen formulieren und Sicherheit im Umgang mit der Kamera und beim Führen des Gesprächs erlangen. So gewappnet trafen sie auf ganz verschiedene Interviewpartner. Entstanden ist ein kurzer Dokumentarfilm, der verschiedenste Meinungen und Lebensentwürfe zu Wort kommen lässt, diese in klaren Bildern einfängt und in dem auch Platz für Humor bleibt.

Dokumentarfilm, Deutschland, 2015, 23‘, OT: deutsch

Ein Filmprojekt mit Kindern und Jugendlichen von 10 bis 18 Jahren aus Joachimsthal und Umgebung
Projektleitung, Anleitender Autor und Dramaturg: Oliver Hohlfeld
Anleitender Kameramann: Stefan Wachner
Künstlerische Assistenz: Anke Müller

HEIMAT – IM FALSCHEN FILM?

Was heißt das überhaupt – Heimat? Das haben sich Kinder und Jugendliche gefragt und sich dann auf die filmische Suche nach Antworten begeben. Sie selbst und ihre Gesprächspartner geben ihren Blick frei, äußern sich unbefangen. Dadurch gewinnt der Film Authentizität und diese regt zu weiterem Nachdenken an. Bildlich eingebettet ist die gedankliche Annährung an den Begriff Heimat in eine Fahrt, die aus der Umgebung ins Zentrum von Joachimsthal führt, so einen optischen Rahmen bildet und zugleich den Charakter einer gemeinsamen Reise betont. Alle Aufnahmen in Bild und Ton wurden von den Teilnehmern selbst gestaltet.

Dokumentarfilm, Deutschland, 2015, 23‘, OT: deutsch

Ein Filmprojekt mit Kindern und Jugendlichen von 10 bis 18 Jahren aus Joachimsthal und Umgebung
Projektleitung, Anleitender Autor und Dramaturg: Oliver Hohlfeld
Anleitender Kameramann: Stefan Wachner
Künstlerische Assistenz: Anke Müller

KURZFILME NICHT NUR FÜR KINDER

Chuzhoy sredi aisbergov

CHUZHOY SREDI AISBERGOV

Ein Fremder zwischen den Eisbergen

Die Geschichte eines Hahns, der unter Pinguinen aufwächst – eine Geschichte über Familien- und Heimatliebe.

Animation, Russland, Regie: Andrey Sokolov, 2014, 13’25’’

Sodoms Kinder

SODOMS KINDER

„Children of Sodom“ zeigt einen Tag aus dem Leben der Freunde Oko und Kojo. Sie sind zwei von rund 30.000 Straßenkindern, die auf dem Elektroschrottplatz Agbogbloshi in Ghanas Hauptstadt Accra leben. Der größte Teil des Elektroschrotts kommt aus der westlichen Welt.

Kurzdokumentation, Deutschland, 2013, 15’00’’, Regie: York-Fabian Raabe

Dji. Death sails

DJI. DEATH SAILS

Dji ist ein furchtbar glückloser Tod, der seine Sache gar nicht gut macht.

Animation, Moldavien, 2014, 05’18’’, Regie: Dmitri Voloshin

Blinder Passagier

BLINDER PASSAGIER

Nachdem die 8-jährige Emma aus dem Kinderheim ausgerissen ist, glaubt sie, in der Wohnung der blinden Evelyn ein perfektes Versteck gefunden zu haben, denn hier ist sie unsichtbar. Doch Evelyn entgehen die fremden Geräusche in ihrer Wohnung nicht. Sie spielt das stille Versteckspiel ihrer kleinen Mitbewohnerin mit und lernt schließlich die Welt durch Emmas Kinderaugen kennen.

Kurzspielfilm, Schweiz, 2013, 20’00’’, Regie: Maria Brendle

Iwan und der Wolf

IWAN UND DER WOLF

Um ein richtiger Mann zu werden, muss der kleine Iwan eine Mutprobe bestehen, in der es darum geht einen Wolf zu erschießen. Doch ist es gar nicht so einfach, denn der Wolf und Iwan sind sich auf Anhieb sympathisch . . .

Animation, Deutschland, 2015, 04’58’’, Regie: Anna Levinson

Süt - Milch

PROVINZ-KLASSIKER „SÜT - MILCH“

Der 20-jährige Yusuf lebt bei seiner verwitweten Mutter Zehra am Rande einer anatolischen Kleinstadt. Gemeinsam verkaufen sie selbst hergestellte Milchprodukte ihrer beiden Kühe auf dem lokalen Markt. Die Geschäfte gehen immer schlechter, denn mit der zunehmenden Industrialisierung und der Entstehung von Neubauvierteln gehen immer mehr Menschen in die neuen Supermärkte. Zehra verlangt von Yusuf, durch geregelte Arbeit zum gemeinsamen Lebensunterhalt beizutragen. Aber Yusuf kann diesen traditionellen Erwartungen als männliches Familienoberhaupt nicht gerecht werden, da er sich lieber in Tagträumen und Literatur verliert. Als eines seiner Gedichte in einer Literaturzeitschrift veröffentlicht wird, wächst in ihm der Wunsch nach künstlerischer Selbstverwirklichung und Anerkennung. Und als Zehra sich in den örtlichen Bahnhofsvorsteher verliebt, ist Yusuf nicht mehr der einzige Mann in ihrem Leben. Weder die Gedichte noch die Milch können ihm jetzt weiterhelfen, sein Leben zu meistern. Soll er sich nun an den Mustern der traditionellen patriarchalen Kultur orientieren oder, den modernen Strömungen folgend, eine eigene Haltung entwickeln? Er steht vor Entscheidungen, die sein Leben verändern werden. Für die Musterung muss Yusuf in die Großstadt fahren. Dort lernt er Semra kennen, die sich auch für Lyrik interessiert.

Türkei, 2008, 103’

Regisseur: Semih Kaplanoğlu
Produzent: Semih Kaplanoğlu
Drehbuch: Semih Kaplanoğlu
Kamera: Özgür Eken
Schnitt: François Quiqueré
Ton: Marc Nouyrigat
Musik: Marc Nouyrigat
Darsteller: Melih Selçuk, Basak Köklükaya, Riza Akin, Saadet Isil Aksoy u.a.
OT: Türkisch
UT: Deutsch

Inspired by nature. Seven sounds of Azerbaijan

GLOBUS PROVINZ “INSPIRED BY NATURE. SEVEN SOUNDS OF AZERBAIJAN”

Die Aserbaidschaner sind stolz auf die Schönheiten ihres Landes – ohne sie zu kennen. Sie waren noch nie in den Urwäldern, haben die Gazellen von Shirvan nicht gesehen und die Schlammvulkane nicht gehört. Und während amerikanische Stars auf ihrem traditionsreichen Jazzfestival spielen, gerät in Vergessenheit, dass einst die eigene Szene Baku zur Jazzhauptstadt der Sowjetunion machte.

Auf der Suche nach Inspiration begibt sich der Saxophonist Rain Sultanov mit wechselnden Musikern in die sieben verschiedenen Landschaften Aserbaidschans. Unter extremen Bedingungen spüren sie dem Geist der Orte nach, lassen sich ein auf die Lebensbedingungen der Landbevölkerung, improvisieren, verwandeln Bilder und Klänge in musikalische Skizzen.

Dokumentarfilm, Aserbaidschan, 2014, 57’26’’

Regie: Antje Dombrowsky
Produzent: Thomas Melzer
Kamera: Antje Dombrowsky
Schnitt: Antje Dombrowsky
Ton: Roman Strack
Musik: Rain Sultanov
OT: Russisch
UT: Englisch