MenschensLebensRäume – erzählt in 30 Minuten
Über Kurzspielfilme, die wir am liebsten auf der Provinziale zeigen würden –- aber noch zu selten finden.
Die maximal 30 Minuten langen Filme, die wir jedes Jahr zu Hunderten eingesandt bekommen und für den Wettbewerb der Provinziale sichten, beleuchten fast alle denkbaren Dimensionen menschlichen Lebens und Zusammenlebens. In diesem Universum frei erfundener Kommentare zum Hier und Jetzt unserer Gesellschaft gehen wir auf die Suche nach Filmen, deren ästhetische Erfahrung uns so herausfordert, dass wir andere an diesen Filmerlebnissen teilhaben lassen wollen.
Natürlich spielt die filmische Qualität eine wichtige Rolle – ein schlecht gemachter Film kann keine gute Geschichte erzählen –- aber für unsere Auswahl ist sie nicht allein ausschlaggebend. Die künstlerische Kraft der Filme hängt auch davon ab, ob es ihnen gelingt, uns in ein Verhältnis zur Welt zu setzen –- uns zu bewegen, uns eine Stellungsname abzuverlangen.
Jedes Jahr finden wir Filme, die vor diesen Ansprüchen bestehen. Darunter sind Streifen, die uns tief in die Seele und Verstrickungen einzelner Charaktere blicken lassen, menschliche Abgründe aufreißen, Glücksvorstellungen nachspüren und den Fährnissen des alltäglichen Lebens folgen. Einige Regisseure legen ihre kurze Filmgeschichte bewusst als einen Spiegel gesellschaftlicher Verhältnisse an, skizzieren die handelnden Charaktere als Resonanzkörper, in denen nachklingt, wie die Gesellschaft ihre Menschen formt, zurichtet und beflügelt, aber auch, wie die Menschen wiederum Spuren in der Gesellschaft hinterlassen.
Was wir jedoch noch viel zu selten finden, sind Kurzspielfilme, in denen dem Raum eine wichtige Bedeutung für die Charaktere beigemessen wird. Menschen sind räumliche Wesen, unser Leben ist an die praktische Aneignung von Räumen und Landschaften gebunden. Der uns umgebende Raum ist Produkt und Ausdruck unseres gesellschaftlichen Lebens. Er schreibt sich ein in die Menschen, in ihre sinnlichen Vermögen. Es macht einen Unterschied, wo jemand aufwuchs. Ob Kleinstadt, Dorf, Einsiedelei, metropolitaner Schmelztiegel, Heimat oder Fremde, mit oder ohne Wohnung: Die räumliche Bedingtheit des Lebens kommt viel zu selten ins Spiel und zu ihrem Recht. Der Lebensraum der Menschen ist mehr als nur eine mehr oder weniger sorgfältig gewählte Kulisse, er ist das, worin individuelles wie gesellschaftlichen Leben Gestalt gewinnt, egal ob der einzelne dabei scheitert oder gewinnt.
Kurze Spielfilme zu suchen und zu zeigen, die davon erzählen, dass unsere Lebensräume unser individuelles wie gesellschaftliches Leben beeinflussen, ist eine Aufgabe für die nächsten Jahre der Provinziale.