Madeleine Küssel
Madeleine Küssel
Sven Wallrath
Sven Wallrath
Gregor Glass
Gregor Glass
Kenneth Anders
Kenneth Anders

Kommentar des Programmbeirats -Dokumentarfilm

Wenn sich alles ändert – was wird aus uns?
Ein Kommentar zur Programmauswahl des langen Dokumentarfilms 2024

Wo sich die Welt ändert, kann sie einem fremd werden. Vertrautes verschwindet und wird ersetzt – Touristen treten in Erscheinung, technische Anlagen werden gebaut, der Fortschritt fordert seinen Tribut. Davon erzählen auch unsere Filme.

Suzanne kann das Leben, wie es auch ihre Vorfahren gelebt haben, in den französischen Hochvogesen noch fortsetzen, aber diese Entscheidung wirkt in der modernen Welt widerständig.

Am Roten Fluss in Kolumbien endet für die Menschen eine Zeit des Bürgerkrieges, doch dadurch wird ihr Lebensraum nun auch an die globale Dynamik angeschlossen, weshalb sie sich anpassen müssen.

Der Bauer Gerlach versucht, in einer zunehmend feindlicher werdenden Umgebung der niederländischen Suburbanisierung zu trotzen.

An der italienischen Adria scheint die Transformation des Raums dagegen bereits abgeschlossen, jeder Quadratmeter und jeder arbeitende Mensch steht hier im Dienst der Badegäste. Die Welt wird zur Betriebsfläche.

Vor diesem Hintergrund interessierten uns auch Filme, die von kulturellem Eigensinn erzählen.

Auf den Weg in eine andere Welt macht sich Angeli, der aus Kamerun für ein freiwilliges soziales Jahr nach Deutschland kommt. Hier gibt man sich Mühe mit ihm, aber Mühe allein macht noch kein gastfreundliches Land.

Die spanischen Jugendlichen in „Antier Noche“ müssen sich den Zwängen der Moderne zwar stellen, aber sie lassen sich auch auf ein filmisches Spiel ein, in dem Ihnen ihr ländlicher Raum am Ende doch gehört.

Ähnlich beeindruckt Atirkül in Kirgistan, die mit ihrem Engagement im traditionellen Buzkashi in eine sportliche Männerdomäne eindringt und damit das Heft des Wandels selbst in die Hand nimmt.

Die Tsotsil in Mexiko wiederum beweisen in ihren religiösen Praktiken ein enormes spirituelles Beharrungsvermögen, in das so leicht keine Verwertungslogik eindringt.

Die Geschichten sind verschieden, aber alle zeigen den Druck der Veränderung – und sie berichten von der Kraft und dem großen Vermögen der Menschen, die es mit dieser Gegenwart aufnehmen und zwischen gestern und morgen vermitteln.

Dokumentarfilm Programm Beirat
Madeleine Küssel, Sven Wallrath, Gregor Glass, Kenneth Anders

Thomas Winkelkotte
Thomas Winkelkotte
Sven Alhelm
Sven Ahlhelm
Julia Hebestreit
Julia Hebestreit
Olaf Schilling
Olaf Schilling

Kommentar des Programmbeirates – Kurzdokumentarfilm

Wie kommt ein Film in unseren Wettbewerb?

135 Einsendungen aus 25 Ländern lagen uns zur Sichtung vor. Sie sind 3 Minuten lang oder 45 Minuten kurz. Sie zeigen geradlinig einzelne Lebensgeschichten oder experimentieren mit technischen Finessen. Sie meditieren zu einem Gedanken oder springen nervös von Punkt zu Punkt. Sie färben die Bilder mit kräftiger Musik oder setzen auf die Kraft der natürlichen Klänge. Sie klagen an, beweinen, karikieren, erklären, suchen, bestaunen oder umkreisen Menschen, Orte, Situationen, sind sachlich, emotional, technisch brillant oder schlicht, zeigen allzu bekannte Nachbarschaft oder führen in unbekannte Ferne. Nicht mehr und nicht weniger als ein Blick in die Welt.

Unsere Auswahl zeigt Momente dieser Vielfalt. Die acht kurzen Dokumentarfilme haben uns auf verschiedene Weise beeindruckt. Wir freuen uns über Ihre Offenheit und Ihre Reaktionen im Publikumsbuch oder direkt im Gespräch mit uns und den Filmschaffenden.

Kurzdokumentarfilm Programmbeirat
Thomas Winkelkotte, Sven Ahlhelm, Julia Hebestreit, Olaf Schilling

Lars Fischer
Lars Fischer
Imma Harms
Imma Harms
Sascha Leeske
Sascha Leeske
Adrian Stuiber
Adrian Stuiber

Kommentar des Programmbeirates – Kurzspielfilm

Arbeit oder Leben – ist das eine Frage?

Über die kurzen Spielfilme im Programm

Ein afghanischer Arbeitsmigrant wird nach 25 Jahren aus seinem Job als Hausmeister und Putzmann in einem iranischen Büro-Hochhaus rausgeworfen; Trockenheit, eine Heuschreckenplage und nicht eintreffende Hilfsgelder treiben einen sardischen Kleinbauern in die Verzweiflung; die Fremdheit einer Mutter im Kulturbetrieb, die mit ihrer Arbeit als Friseurin den Aufstieg ihres Sohnes als Autor ermöglicht hat; ein alter Schafhirt verlässt von der Sehnsucht nach einem anderen Leben getrieben seine Herde und sein Dorf; die junge Mila, die der schlauchartige Bürobau eines philippinischen Kleinunternehmens zugleich umfängt und gefangen hält und die energische Barbara, die geflüchtete Menschen aufnimmt und sie im Gegenzug für Gartenarbeit in die deutschsprachige Kultur einführt: Viele der elf kurzen Spielfilme erzählen auf je eigene Weise so eindrücklich von den Räumen, in denen sich das alltägliche menschliche Wechselspiel zwischen Arbeit und Leben vollzieht, dass es sinnvoll erscheint, das Programm unter den Titel „Arbeit oder Leben“ zu stellen.
Wofür arbeiten wir, wofür leben wir, wie sehen die Räume oder Landschaften eines gelingenden Wechselspiels zwischen diesen beiden Polen aus? Was bedeutet heute ein Wort wie Arbeitsleben? Keiner der Filme gibt Antworten, aber alle zwingen uns ins Nachdenken, wie sich der Gegensatz auflösen ließe, der sich über ein Wörtchen zwischen den Hauptworten unseres Daseins auftut, Arbeit oder Leben. Es sind nicht nur die gezeigten Charaktere, die präzise gewählten Handlungsräume und erzählten Geschichten, die die Filme sehenswert machen. Oft ist es auch die Kameraführung, die fesselt, die uns wie in „Cross My Heart and Hope to Die“ die hoffnungslosen Verhältnisse einer Büroangestellten so nah vor Augen führt, dass wir keine Ausflucht nehmen können und im Sehen den Begriff „Arbeitsleben“ wie in einer Versuchsanordnung sezieren und am Ende vor der Herausforderung stehen, ihn für uns neu zusammenzusetzen. Schade, dass sich in den eingereichten Filmen kein utopischer fand, der hierfür ein Angebot hätte. Aber wer weiß, vielleicht sehen Sie, seht ihr ja etwas aufscheinen, was wir nicht sahen. Wir würden uns freuen, es zu erfahren.

Adrian Stuiber für den Kurzfilmbeirat

Kurzspielfilm Programmbeirat
Lars Fischer, Imma Harms, Sascha Leeske, Adrian Stuiber

Kathrin Welke
Kathrin Welke
Dominik Zwicky
Dominik Zwicky
Jonas Geldschläger
Jonas Gelschläger
Almut Undisz
Almut Undisz

Kommentar des Programmbeirates - Animationsfilm

Programmbeirat Animationsfilm

In diesem Jahr durften wir wieder vielfältige Einsendungen erleben. Sie waren geknetet, in Wasserfarben getaucht oder zogen sämtliche Register der Animationskunst. Und ebenso bunt und verschieden sind auch die ausgewählten Animationsfilme. Dabei scheint es kaum möglich, alle cineastischen Kleinode unter einem Nenner zu vereinen oder gar einen roten Faden aufzunehmen, der sich durch sämtliche Einreichungen zieht. Aber auf Anfang …

In der diesjährigen Auswahl wird nicht ein Detail, sondern jedes abgebildet. So zeigt unsere Auslese nicht nur einen Aspekt der Welt, sondern maßt sich an, ihre Entstehung im Ganzen zu erforschen. Wir dürfen in „Au huitième jour“ der Geburt der Flora und Fauna, ja, unserer gesamten Existenz, beiwohnen und erleben, wie sie farbenfroh aus Wollfasern erwächst.

Doch alles, was entsteht, ist wert …, dass wir einen zweiten Blick darauf werfen und deshalb sind wir nicht nur Beobachter dieses Schauspiels, sondern haben den Zweifel im Gepäck, wenn uns „Antipolis“ humorvoll die Frage stellt, was es denn eigentlich ist, das unsere Welt im Innersten zusammenhält – wundersame Materie, widersinnige Gravitation oder gar ein wildgewordenes Monster? Und wie lange hält dieses feine Netz der Zivilisation und Technologie eigentlich, wenn wir uns, wie in „PIG“, nicht mehr darum kümmern?

Ferner richten wir unseren Blick auf die Kleinigkeiten dieser allumfassenden Welt. Wir sehen Landschaften, Felder und darin leuchtende Seelen, die sich in „Bright Souls“ nach ein wenig Zweisamkeit sehnen, finden in „Dodo“ und „Where Are You, Mr. Wolf?“ allerhand Ungeschütztes und Schützenswertes im menschlichen Zusammen- und Auseinandersein.

Und dann erleben wir in „Stabat Mater“, wie das Menschliche selbst zum Schöpfenden wird und welche wechselseitigen Beziehungen zwischen Künstler und Kunstwerk entstehen, wenn das Erschaffene plötzlich ein durchaus eigenwilliges Eigenleben entwickelt…

Und dann? Dann reißen wir einfach alles wieder ein und durchleben in „Manitulation“ einen fulminanten Fiebertraum – wechselseitig interpretiert von Künstlerin und KI.
Greifen wir den anfänglichen Faden wieder auf, geht es in diesem Jahr wohl vor allem um eines: menschliche Beziehungen. Unsere Beziehung zur Umwelt und die Zerbrechlichkeit ebendieser, wenn sie durch die Interaktion mit Natur, Technik oder dem kreativen Schaffen geprägt ist. Unsere Auswahl fordert dazu auf, das eigene Handeln zu überdenken und dessen Auswirkungen auf das Geflecht unserer Beziehungen zu hinterfragen.

Viel Spaß dabei ツ

Animationsfilm Programmbeirat
Kathrin Welke, Dominik Zwicky, Jonas Gelschläger, Almut Undisz